Johannes Leopold Sievers

 

Sohn Otto

Am 11. Dezember 1907 wurde Dr. Otto Sievers in Bergedorf bei Hamburg als Sohn von Johannes Leopold Sievers und der Ottilie Tholl geboren; sein Vater Johannes Sievers war seinerzeit dort Direktor der städtischen Elektrizitäts- und Wasserwerke. Er gehörte seit seiner Geburt der evangelischen Kirche an. Von Ostern 1914 bis Ostern 1923 besuchte Otto Sievers Vorschule und Gymnasium in Bergedorf, anschließend von Sommer 1923 bis Ostern 1928 das Wilhelmgymnasium in Hamburg, wo er das Reifezeugnis erhielt.


Von Sommersemester 1928 bis Sommersemester 1931 studierte er Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an den Universitäten Marburg, München, Berlin und Hamburg. In München lebt er in der Tengstraße. Nach in Hamburg am 9. November 1931 bestandenem Referendarexamen leistete er den juristischen Vorbereitungsdienst von November 1931 bis März 1935 in Hamburg ab. Am 13. April 1935 bestand er das Assessorexamen mit „gut“, am 27. November 1936 das Promotionsexamen zum Doktor beider Rechte (Doctor iuris utriusque) ebenfalls mit "gut".


Am 22. Mai 1935 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen. Von Mai 1935 bis Juli 1938 war er als Rechtsanwalt in der Anwaltssozietät Schlüter Heinen Klosterfelde am Jungfernstieg 7 in Hamburg tätig; zu seinem Partner Klosterfelde verband ihn eine freundschaftliche Beziehung.


Am 1. Mai 1933 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 3040967), da die Parteimitgliedschaft Voraussetzung für die Ablegung des II. Staatsexamens und der Zulassung als Rechtsanwalt war. In der Partei hat Otto Sievers ausweislich der Überprüfung durch die britische Besatzung und die Hamburger Prüfungskommission keine Aufgaben oder Ämter übernommen. Für seine kritische Einstellung gegenüber dem nationalsozialistischen Regime haben u.a. Mitbewohner der Wohnung in der Bornstraße 19 (die Herren Rudzinski sowie Liebisch) Zeugnis abgelegt, die der SPD bzw. KPD nahestanden. Vor dem Hintergrund des guten Leumunds und des Nachweises einer regime-kritischen Einstellung wurde der Antrag auf Wiederzulassung zur Hamburger Rechtsanwaltschaft positiv beschieden. Politisch wurde er vom Fachausschuss Justiz in Hamburg als entlastet erklärt (Klasse 5; d.h. er galt als "Entlasteter", eine Person, die vor einer Spruchkammer nachweisen konnte, dass sie nicht schuldig war). Das Ministerium für politische Befreiung in Stuttgart hat diese Entscheidung anerkannt.


Um Spezialkenntnisse im Devisenrecht zu erwerben, trat er am 1. August 1938 als Referent in das Reichswirtschaftsministerium ein, in der Absicht, nach einem Jahr in seine bisherige Sozietät in Hamburg zurückzukehren. In Folge des Kriegsausbruchs wurde er jedoch für den weiteren Dienst im Reichswirtschaftsministerium verpflichtet. Er war dort überwiegend in der Finanzierungsabteilung und für eine kürzere Zeit in der handelspolitischen Abteilung tätig. In Berlin lebte er kurz in der Wielandstraße 16 III, danach in der Sybelstraße 60 II in Berlin-Charlottenburg. Zu seinem Freundeskreis dort zählt auch Otthinrich Müller-Ramelsloh, ein Kollege im Reichswirtschaftsministerium, der nach dem Krieg als Anwalt und Autor in Hamburg arbeitet.


Im Dezember 1940 wurde er im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsministerium zum Leiter der Finanzabteilung der neu gegründeten Reichswerke AG für Waffen- und Maschinenbau „Hermann Göring“ bestellt (Mohrenstraße 17/19 in Berlin-Mitte). Diese Tätigkeit endete infolge Liquidation der Gesellschaft im Herbst 1942.


Im Oktober 1942 wurde er zum Referenten im Reichsamt für Wirtschaftsangelegenheiten ernannt. Gleichzeitig wurde er zum kaufmännischen bzw. Verwaltungs-Geschäftsführer zweier auf Veranlassung des Reichsamtes neu gegründeter Gesellschaften mit dem Sitz in Stuttgart und Frommern (Kreis Balingen) bestellt, die LIAS-Ölschiefer- Forschungsgesellschaft mbH in Frommern und die Gesellschaft für spanlose Formung mbH in Stuttgart. Die Gesellschaften wurde im Zuge des Unternehmens „Wüste“ gegründet, dem Versuch, aus dem Ölschiefer in der Schwäbischen Alp Öl zu gewinnen.


Im November 1944 wurde er im Dienstrang eines Feldwebels zur Wehrmacht eingezogen; aufgrund seiner Tätigkeit im Reichswirtschaftsministerium leistete er aber bis zum Kriegsende keinen aktiven Militärdienst. Regelmäßig wurde er „unabkömmlich gestellt“. Die Unabkömmlichstellung (UK-Stellung) während des Zweiten Weltkrieges war eine befristete oder widerrufliche Entlassung oder Nichteinziehung von Fachkräften, die zur Durchführung einer Reichsverteidigungsaufgabe der Kriegswirtschaft, des Verkehrs oder der Verwaltung unentbehrlich und unersetzbar waren.


Das Kriegsende erlebte er in der schwäbischen Alp in Dürrwangen (Teil von Frommern); dorthin war er im April 1945 geflüchtet. Nach Kriegsende kam er in Frommern in französische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung im Februar 1946 wurde er als Geschäftsführer der Stuttgarter Gesellschaft bestellt mit der Aufgabe, diese abzuwickeln. Über die andere Gesellschaft (LIAS) war inzwischen durch die Militärregierung die Zwangsverwaltung angeordnet worden, durch die Rechte und Pflichten aller Gesellschaftsorgane erloschen waren.


Nach Kriegsende erhält er am 31. Juli 1947 eine Anwaltszulassung in Hamburg, kann dort aber mangels Unterkunftsmöglichkeiten nicht praktizieren. Er versuchte mehrfach und nachhaltig, aber ohne Erfolg, eine Wohnung über das Hamburger Wohnungsamt zu erhalten. In Stuttgart, wo er mit seiner Familie in der Wernhaldenstraße 99 lebt, kann er mangels örtlicher Zulassung nicht als Anwalt arbeiten.


Nach Beendigung der Abwicklungstätigkeit trat er am 1. März 1948 in das Wirtschaftsministerium Württemberg Baden in Stuttgart ein, wo er zunächst in der Rechtsabteilung tätig war. Im Juni 1948 wurde ihm die Leitung der Dekartellierungsabteilung und einige Zeit später zusätzlich das Referat „sozialwirtschaftliche Angelegenheiten“ übertragen. In dieser Funktion war er Mitleiter der Kommission für den Entwurf des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); er wirkte an dem zweiten Entwurf für das GWB mit, dem „Günther-Sievers-Patrick-Entwurf“.


Von 1948 bis 1969 durchläuft er eine Berufslaufbahn in dem baden-württembergischen Wirtschaftsministerium. 1950 wird er zum Oberregierungsrat ernannt. Er beendet seine Dienste dort im Range eines Ministerialdirigenten.


Am 23. Januar 1969 wird er zum Geschäftsführer der Gasversorgung Süddeutschland GmbH bestellt; diese Posten hat er bis zum 19. Juni 1973 inne.


Bis zu seinem Tod im Alter von 81 Jahren am 6. Januar 1989 lebt er mit seiner Ehefrau abwechselnd in Stuttgart-Degerloch und in Lenzerheide/Graubünden.


Er hatte mit seiner Ehefrau Ursula drei Töchter, Anke, Heidi und Jutta Sievers. Heidi Sievers heiratet am 23. Februar 1968 Jost Prüm.

Dr. Otto Sievers was born in Bergedorf near Hamburg on December 11, 1907, the son of Johannes Leopold Sievers and Ottilie Tholl; his father Johannes Sievers was director of the municipal electricity and water works there at the time. He belonged to the Protestant Church since his birth. From Easter 1914 to Easter 1923, Otto Sievers attended preschool and high school in Bergedorf, then from summer 1923 to Easter 1928, the Wilhelmgymnasium in Hamburg, where he received his high school diploma.


From summer semester 1928 to summer semester 1931 he studied law and economics at the universities of Marburg, Munich, Berlin and Hamburg. In Munich he lives in the Tengstraße. After passing the bar exam in Hamburg on November 9, 1931, he did his legal traineeship in Hamburg from November 1931 to March 1935. On April 13, 1935, he passed the assessor examination with "good" and on November 27, 1936, the doctoral examination for the title of Doctor of Both Laws (Doctor iuris utriusque), also with "good".


He was admitted to the bar on 22 May 1935. From May 1935 to July 1938, he worked as a lawyer in the law firm Schlüter Heinen Klosterfelde at Jungfernstieg 7 in Hamburg; he had a friendly relationship with his partner Klosterfelde.


On May 1, 1933, he joined the NSDAP (membership number 3040967), since party membership was a prerequisite for passing the II. state examination and admission to the bar. According to the evidence of the examination by the British occupation and the Hamburg Examination Commission, Otto Sievers did not assume any duties or offices in the party. For his critical attitude toward the National Socialist regime, among others, roommates of the apartment at Bornstraße 19 (Messrs. Rudzinski and Liebisch) who were close to the SPD or KPD bore witness. Against the background of their good reputation and evidence of an attitude critical of the regime, the application for readmission to the Hamburg bar was approved. Politically, he was declared exonerated by the Expert Committee on Justice in Hamburg (Class 5; i.e., he was considered "exonerated", a person who could prove before a court of law that he was not guilty). The Ministry for Political Liberation in Stuttgart recognized this decision.


In order to acquire special knowledge of foreign exchange law, he joined the Reich Ministry of Economics as a consultant on August 1, 1938, with the intention of returning to his previous firm in Hamburg after one year. Following the outbreak of war, however, he was engaged for further service in the Reich Ministry of Economics. He worked there mainly in the finance department and for a shorter period in the commercial policy department. In Berlin, he lived for a short time at Wielandstraße 16 III, then at Sybelstraße 60 II in Berlin-Charlottenburg. His circle of friends there also includes Otthinrich Müller-Ramelsloh, a colleague in the Reich Ministry of Economics, who worked as a lawyer and author in Hamburg after the war.


In December 1940, in agreement with the Reich Ministry of Economics, he was appointed head of the finance department of the newly founded Reichswerke AG für Waffen- und Maschinenbau "Hermann Göring" (Mohrenstraße 17/19 in Berlin-Mitte). This position ended due to liquidation of the company in the fall of 1942.


In October 1942, he was appointed as a consultant in the Reichsamt für Wirtschaftsangelegenheiten. At the same time, he was appointed commercial and administrative managing director of two companies newly founded at the instigation of the Reich Office with headquarters in Stuttgart and Frommern (Balingen district), the LIAS-Ölschiefer- Forschungsgesellschaft mbH in Frommern and the Gesellschaft für spanlose Formung mbH in Stuttgart. The companies were founded in the course of the company "Wüste", the attempt to extract oil from the oil shale in the Swabian Alp.


In November 1944, he was drafted into the Wehrmacht at the rank of a sergeant; however, due to his work in the Reich Ministry of Economics, he did not perform any active military service until the end of the war. He was regularly "made indispensable". The indispensable position (UK position) during World War II was a temporary or revocable dismissal or non-recruitment of skilled workers who were indispensable and irreplaceable for the performance of an Reich defense task in the war economy, transport or administration.


He experienced the end of the war in the Swabian Alp in Dürrwangen (part of Frommern); he fled there in April 1945. After the war ended, he was taken prisoner of war by the French in Frommern. After his release in February 1946, he was appointed managing director of the Stuttgart company with the task of winding it up. In the meantime, the military government had ordered the forced administration of the other company (LIAS).


After the end of the war, he was admitted to the bar in Hamburg on July 31, 1947, but was unable to practice there due to a lack of accommodations. He tried several times and persistently, but without success, to obtain an apartment through the Hamburg Housing Office. In Stuttgart, where he lives with his family at Wernhaldenstrasse 99, he cannot work as a lawyer due to lack of local licenses.


After the end of the settlement activity, he joined the Ministry of Economics of Württemberg Baden in Stuttgart on March 1, 1948, where he initially worked in the legal department. In June 1948, he was assigned the management of the de-cartelization department and, some time later, also the department of "social-economic affairs. In this capacity, he was co-head of the commission for the draft of the Law against Restraints of Competition (GWB); he contributed to the second draft of the GWB, the "Günther Sievers Patrick Draft“.


From 1948 to 1969, he pursued a professional career in the Ministry of Economics in Baden-Württemberg. In 1950 he was appointed to the senior government council. He ends his service there with the rank of a ministerial conductor.


On January 23, 1969, he is appointed Managing Director of Gasversorgung Süddeutschland GmbH; he holds this position until June 19, 1973.


Until his death at the age of 81 on January 6, 1989, he and his wife lived alternately in Stuttgart-Degerloch and in Lenzerheide/Graubünden.


He had three daughters, Anke, Heidi and Jutta Sievers, with his wife Ursula. Heidi Sievers married Jost Prüm on February 23, 1968.